Überblick zur Bildungs-, Forschungs- und Innovationslandschaft und -politik: Mexiko
Das Bildungsministerium der Bundesregierung (Secretaría de Educación Pública, SEP) ist für alle Bildungssektoren in Mexiko zuständig (frühkindliche und schulische Bildung, berufliche Aus- und Weiterbildung, Hochschulen). Auch die mexikanischen Bundesstaaten haben im Rahmen ihrer Kompetenzen eigene Bildungsministerien eingerichtet. Zur Unterstützung des Schulbesuchs vergibt die Regierung zahlreiche Stipendien. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sind die mexikanischen Bildungsausgaben verhältnismäßig hoch. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Ausgaben je Schülerin/-in kalkuliert werden. Die Bildungsergebnisse der Schulen in Mexiko sind bisher wenig überzeugend, da Mexiko in den PISA-Schulleistungstests regelmäßig hintere Rangplätze belegt. Von den mexikanischen Bildungsreformen im letzten Jahrzehnt zeigte sich die OECD vor einigen Jahren beeindruckt; sie empfahl nur punktuell Verbesserungen („Strong Foundations for Quality and Equity in Mexican Schools“, OECD-Studie 2019).
Von den Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II entscheidet sich die große Mehrheit für allgemeinbildende oder kombinierte Schulen, nur eine Minderheit besucht den berufsbildenden Zweig, um nach 2-3 Jahren eine Berufsausbildung abzuschließen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Nationale Schule für die Technische Berufsausbildung (Colegio Nacional de Educación Profesional Técnica, CONALEP). Für einige der Ausbildungsgänge gibt es inzwischen auch die Möglichkeit, die rein schulische Berufsausbildung durch einen dualen Ansatz zu ersetzen, bei dem ein Teil der Ausbildung im Betrieb durchgeführt wird (Modelo Mexicano de Formación Dual, MMFD).
Der mexikanische Hochschulsektor zeichnet sich durch eine starke Wachstumsdynamik aus, die Anzahl der Studierenden hat sich zwischen dem Jahr 2000 und 2021 mehr als verdoppelt und liegt inzwischen bei mehr als 5 Millionen Studierenden. Studiengebühren werden in unterschiedlicher Höhe an privaten und staatlichen Hochschulen erhoben. Das Bildungsministerium SEP bemüht sich, der sozialen Segregation durch die Vergabe von Stipendien an einen Teil der Studierenden entgegenzuwirken. Ein Pluspunkt für Mexiko ist die starke Stellung der technischen Studiengänge: Der Anteil an neuen Abschlüssen in den Ingenieurwissenschaften liegt über dem OECD-Durchschnitt (siehe Bildungsindikatoren).
Mexiko hat an die lateinamerikanische Organisation Ricyt (Red de Indicadores de Ciencia y Tecnología - Iberoamericana e Interamericana) Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) von 7,8 Milliarden USD gemeldet (kaufkraftbereinigt, Bezugsjahr 2022). Damit liegt Mexiko in Lateinamerika auf Rang 2 hinter dem Spitzenreiter Brasilien und vor dem drittplatzierten Argentinien. Die FuE-Intensität, also der Anteil der gesamten FuE-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt demnach knapp 0,3 Prozent. Anteile in dieser Größenordnung sind typisch für die lateinamerikanischen Länder, während die OECD-Länder eine deutlich höhere FuE-Intensität aufweisen (siehe Bericht Ricyt 2024: El Estado de la Ciencia, S. 18, Indikatorentabellen 4 /5).
Anders als die lateinamerikanische Organisation Ricyt veröffentlicht die OECD derzeit keine aktuellen Daten zu Mexiko mehr. Die jüngsten von der OECD publizierten Daten beziehen sich auf 2017 (siehe FuE-Indikatoren). Grund: Mexiko hatte klargestellt, dass die alle zwei Jahre stattfindende nationale Erhebung über Forschung und technologische Entwicklung (ESIDET) seit 2017 nicht mehr durchgeführt wurde und die an die OECD gemeldeten Daten extrapoliert wurden. Dementsprechend beschloss die OECD, die FuE-Schätzungen Mexikos ab dem Referenzjahr 2018 nicht mehr zu publizieren, bis eine weitere Bestätigung vorliegt, dass die Datenerhebung und die Schätzverfahren im Einklang mit den Leitlinien des Frascati-Handbuchs wieder aufgenommen wurden (Quelle: siehe Erläuterungen OECD Main Science and Technology Indicators, März 2024).
In Bezug auf die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen platzierte sich Mexiko 2023 wie im Vorjahr auf Rang 33 (Quelle: SCImago. SJR — SCImago Journal & Country Rank. Retrieved Retrieved April 26, 2024, from www.scimagojr.com).
Im Global Innovation Index (GII) 2024 werden Innovationsleistungen der Länder weitgehend unabhängig von absoluten Größenordnungen bewertet. Mexiko belegt im welweiten Vergleich Rang 56. Damit ist das Land im lateinamerikanischen Vergleich wie im Vorjahr Drittplatzierter hinter Brasilien auf Rang 50 und Chile auf Rang 51.
Seit dem 1. Januar 2025 gibt es in Mexiko erstmals ein Wissenschaftsministerium, das neue Ministerium für Wissenschaft, Geisteswissenschaften, Technologie und Innovation (Secretaría de Ciencia, Humanidades, Tecnología e Innovación – Secihti). Als Ministerin wurde die Evolutionsbiologin Rosaura Ruiz Gutiérrez ernannt. Die Biologin hat an der UNAM promoviert und als Postdoc an der University of California (UC), Irvine, gearbeitet. Zuletzt war sie Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Technologie und Innovation in Mexiko-Stadt. Das neue Ministerium ist nun die wichtigste Einrichtung für die Vergabe wettbewerblicher Förderung. Außerdem ist Secihti ein System von 24 außeruniversitären Forschungszentren (Sistema Nacional de Centros Públicos – CP) unterstellt.
Das nationale Wissenschaftsministerium Secithi übernimmt somit ab 2025 die wichtigsten Funktionen des nunmehr aufgelösten Wissenschaftsrates CONACYT (ab 2023 CONAHCYT), der über mehr als ein halbes Jahrhundert Dreh- und Angelpunkt im mexikanischen Forschungs- und Innovationssystem war. 1970 war der Nationale Rat für Wissenschaft und Technologie CONACYT (Consejo Nacional de Ciencia y Tecnología) gegründet worden; er wurde als ressortunabhängige Einrichtung ab 2002 direkt dem Staatsoberhaupt unterstellt. CONACYT war für die wissenschaftliche Entwicklung Mexikos sowie für die Festlegung von vorrangigen Forschungsplänen zuständig. Mit einem Gesetz von 2023 wurde CONACYT in den Nationalen Rat für Geisteswissenschaften, Wissenschaft und Technologie (CONAHCYT) umgewandelt. Diese Umbenennung reflektiert eine geänderte programmatische Ausrichtung.
Unter der Präsidenschaft von Andrés Manuel López Obrador war zunächst Ende 2021 das Sonderprogramm für Wissenschaft, Technologie und Innovation beschlossen worden (Programa Especial de Ciencia, Tecnología e Innovación - PECiTI 2021-2024, 2023 umbenannt in Programa Especial de Humanidades, Ciencia, Tecnología e Innovación). Grundgedanke für die sechs vorrangigen Ziele von PECiTI 2021-2024 war, dass die Bevölkerung einen stärkeren Nutzen aus der wissenschaftlichen Forschung in Mexiko insbesondere im Hinblick auf gesellschaftlichen Wohlstand („bienestar social“) ziehen sollte. Als drei übergreifende Prioritäten wurden definiert: Gesundheit, Energie und menschliche Sicherheit.
Im Wissenschaftssektor war allerdings die Sorge groß, dass die mexikanische Politik über neue Gremien und Prozeduren zuviel Einfluss auf die Agenda des Forschungsrates Conahcyt nehmen könnte. Die mexikanische Regierung unter der neuen Präsidentin Sheinbaum stärkt nun mit der Gründung des Ministeriums ihre politische Führungsrolle in Bezug auf die Wissenschaft.
Die Ausrichtung des mexikanischen Forschungs- und Innovationssystems auf die Lösung gesellschaftlicher Probleme erfordert eine engere Zusammenarbeit von wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Akteuren. Die mexikanische Regierung führt über das neue Wissenschaftsministerium Secihti die verschiedenen Mitglieder des Nationalen Ecos-Netzwerk (Red de Espacio Común de Educación, Ciencia, Humanidades, Tecnología e Innovación - Red Ecos Nacional) zusammen: weitere Ministerien der Bundesregierung, bundesstaatliche und kommunale Regierungen, öffentliche und private Unternehmen, außeruniversitäre Forschungszentren (u.a von Secihti), öffentliche und private Hochschuleinrichtungen sowie die Zivilgesellschaft. Bereits vor der Schaffung des neuen Wissenschaftsmnisteriums wurden unter der Präsidentschaft Obradors neue Ansätze der Projektförderung im Rahmen der sogenannten Nationalen Strategischen Programme (Programas Nacionales Estratégicos, Pronaces) und der Nationalen Projekte zur Forschung und Umsetzung (Proyectos Nacionales de Investigación e Incidencia, Pronaii) entwickelt.
Weitere Informationen
Links/Institutionen
- Mexiko: SEP - Bildungsministerium
- Mexiko: CONALEP - Nationale Schule für die Technische Berufsausbildung
- Mexiko: Übersicht Hochschulen
- Mexiko: CINVESTAV - Zentrum für Forschung und Höhere Studien
- Mexiko: SECIHTI - Ministerium für Wissenschaft, Geisteswissenschaften, Technologie und Innovation
- Mexiko: SECIHTI - Forschungszentren des Ministeriums für Wissenschaft, Geisteswissenschaften, Technologie und Innovation