Der Entwurf zu der "Ley General en Materia de Humanidades, Ciencias, Tecnologías e Innovación" war im Dezember 2022 als Exekutivinitiative von Präsident Obrador in das Parlament eingebracht worden. Der Kongress stimmte am 24. April über den Gesetzentwurf ab. Das Gesetz wurde bereits vier Tage später durch den Senat bewilligt und ist nun mit der Veröffentlichung im Amtsblatt am 8. Mai in Kraft getreten. Das beschleunigte Gesetzgebungsverfahren wird sowohl von der Opposition als auch von weiten Teilen der Wissenschaftsgemeinschaft mit dem Vorwurf kritisiert, nicht angemessen beteiligt worden zu sein und parlamentarische Regeln verletzt zu haben.
In seinem Kommuniqué anlässlich des Inkrafttretens des Gesetzes unterstreicht der neue Nationale Rat für Geisteswissenschaften, Wissenschaften und Technologien" (Conahcyt) die Verankerung des Menschenrechts auf wissenschaftliche Teilhabe durch das neue Gesetz und betont den humanistischen Charakter von Wissenschaft, Technologie und Innovation. Das Gesetz schaffe Grundlagen für die Koordinierung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen, indem es ein Modell des kooperativen Föderalismus für die öffentliche Politik in Geisteswissenschaften, Wissenschaft, Technologie und Innovation (HCTI) ingesamt sowie in den 26 Forschungszentren des Nationalen Systems Öffentlicher Zentren (Sistema Nacional de Centros Públicos - SNCP) fördere.
Erstmalig legt das Gesetz fest, dass die Investitionen des Bundes in HCTI stets höher sein werden als im Vorjahr. Eine quantitative Zielmarke wird jedoch nicht vorgegeben. Das Gesetz zielt weiterhin auf den freien Zugang zu den aus staatlicher Förderung hervorgeganenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen sowie auf einen garantierten Zugang zu Stipendien für Postgraduierte an öffentlichen Universitäten. Letzteres soll unter anderem dadurch gewährleistet werden, dass diese Leistungen direkt vom Staat gewährt werden, um sozialen Ausschlussmechanismen seitens intermediärer Einrichtungen vorzubeugen.
Mit dem Gesetz wird der bisherige Nationale Rat für Wissenschaft und Technologie (Conacyt) in den Nationalen Rat für Geisteswissenschaften, Wissenschaft und Technologie (Conahcyt) umgewandelt. Der Conahcyt bleibt die Regierungseinrichtung, die maßgeblich für die Ausarbeitung von Strategien für die wissenschaftliche Entwicklung Mexikos sowie für die Festlegung von vorrangigen Forschungsplänen zuständig ist.
Ein aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft vorgebrachter Kritikpunkt ist, dass die Agenda des Conahcyt über einen Verwaltungsrat bestimmt werde, in dem Forschende nur minoritär vertreten seien: Hier stünden acht Vertreter aus der Wissenschchaft 14 Vertretern aus dem Staatsdienst gegenüber. Die Sorge wissenschaftlicher Kreise besteht insbesondere darin, dass das Gesetz die wichtigsten Universitäten, öffentlichen Forschungszentren, Akademien und wissenschaftlichen Vereinigungen des Landes nicht als Teil dieses Gremiums nennt.
Kontrovers diskutiert werden auch die Themen, die für den neuen Conahcyt Priorität haben und Teil der nationalen Strategieprogramme (Programas Nacionales Estratégicos - PRONACES) werden. Dazu gehören Themen, die die Wissenschaft mit einem stärkeren sozialen Nutzen fördern, beispielsweise die Forschung zu Immuntherapien oder Probleme wie Wohnungsbau oder Migration. Einerseits wird eine stärkere Demokratisierung des Wissens begrüßt, die das Menschenrecht auf Wissenschaft sichtbarer mache. Andererseits wird die Befürchtung geäußert, dass eine zentralistische Agenda die Unterstützung für andere Forschungsbereiche, die akademische Freiheit und die Grundlagenforschung gefährden könnte.
Zum Nachlesen (Spanisch)
- Conahcyt (09.05.2023): Entra en vigor primera Ley General en materia de HCTI, que consolida al Consejo Nacional de Humanidades, Ciencias y Tecnologías
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Diario Oficial de la Federación (08.05.2023): Decreto por el que se expide la Ley General en Materia de Humanidades, Ciencias, Tecnologías e Innovación, y se reforman y adicionan diversas disposiciones de la Ley Federal de las Entidades Paraestatales y de la Ley de Planeación
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SciDevNet (08.05.2023): Nueva ley de ciencia en México confronta a científicos y gobierno
- El Economista (02.05.2023): Rechazan la nueva ley de ciencia y tecnología