Bildungspolitische Zielsetzungen und Programme

Ein wichtiger Ansatz im koreanischen Bildungssystem ist der konsequente Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Im Zuge des „Comprehensive Plan for Information Education" wurden bereits bis zum Jahr 2000 weitgehend alle Schulen mit PC-Laboren und z.T. Multimedia-Ausrüstung ausgestattet sowie ans Internet angeschlossen. Das gesamte Bildungssystem soll digitalisiert werden, inklusive von digitalen Textbüchern, der Nutzung von Mobilfunk-Apps und Tablet-PC-Nutzung. Südkorea möchte sich hier als Vorreiter im Bereich der IKT-Nutzung in der Bildung positionieren. Begleitet wird dieser Ansatz durch eine Einrichtung des Bildungsministeriums, den Korea Education and Research Information Service (KERIS).

Wichtige Reformen in der Bildungspolitik wurden in den 1990er Jahren eingeleitet. Der Fokus verschob sich von Quantität auf Qualität. Ziel war es, das primär prüfungsorientierte Lernen zu überwinden und die notwendige Infrastruktur für Lebenslanges Lernen (Lifelong Learning") als Grundlage einer innovativen Wissensgesellschaft und als Antwort auf die beginnende Alterung der Gesellschaft zu schaffen. Gleichzeitig erhält das Schulsystem mehr Autonomie und soll sich didaktisch stärker an der Förderung von Kreativität ausrichten. Im Ausbildungsbereich wurden Meisterschulen eingerichtet, die sich bewusst, auch begrifflich, am deutschen Ausbildungssystem orientieren. Durch die Meisterschulen soll eine praxisnähere Ausbildung erreicht werden.

Die Etablierung von international wettbewerbsfähigen Exzellenzuniversitäten wurde in Südkorea seit 1999 durch eine Reihe von Programmen vorangetrieben, darunter durch das „Brain Korea 21 Project“ und das „World Class Universities Project“ (2008-13), mit dem Lehrkräfte aus dem Ausland gewonnen werden sollten (Kang, Jean S. (2015): Initiatives for Change in Korean Higher Education: Quest for Excellence of World-Class Universities. International Education Studies, Vol. 8 No. 7, Publikation). Das „Brain Korea 21 Project“ befindet sich derzeit als „BK21 FOUR” in seiner vierten Phase (2020-27). Gefördert werden soll vor allem die Reorganisation von Graduiertenschulen, die Ausbildung von Master-Studierenden und Promovierenden und die Anstellung von Post-Doc Forschenden (Quelle: OECD Europ. Kommission STIP COMPASS).

2015 beschloss das Bildungsministerium, alle Universitäten zu evaluieren, um die Qualität der Hochschulbildung zu verbessern und die Hochschulen auf den Rückgang der Studierendenzahlen vorzubereiten (siehe unter Bildung und Hochschulen). So führte bereits die Regierung der vorigen Präsidentin Park Geun-hye ein Evaluierungssystem ein, das die Hochschulen in fünf Qualitätskategorien einteilte; in unteren Rängen eingestufte Universitäten sind von Kürzungen, Fusionsdruck oder sogar Schließung bedroht. Auch unter der aktuellen Regierung wird diese Politik mit einigen Änderungen weitergeführt: Schlecht bewerteten Hochschulen wurde eine Reduzierung der Studierendenzahlen um ein Drittel auferlegt, gut benotete Universitäten werden mit erhöhten Zuwendungen belohnt. Hier ergibt sich jedoch ein gewisser Konflikt mit dem Ziel, die sehr starke gesellschaftliche und akademische Orientierung auf Spitzenuniversitäten abzumildern. Aufgrund des Rückgangs der Studierendenzahlen gewinnt die Internationalisierung der südkoreanischen Hochschulen an Bedeutung (DAAD-Bildungssystemanalyse, 12.07.2024).

Inzwischen plant das Bildungsministerium allerdings, die zentrale Kontrolle über die südkoreanischen Hochschulen abzumildern. Damit verbunden ist ein Zuwachs an Hochulautonomie sowie eine Verbindung mit regionalen Innovationssystemen. Bis 2026 sollen über 26 „Glocal Colleges“ entstehen, die die traditionelle Trennung zwischen Hochschulen und Colleges überwinden sowie lokale und internationale Communities verbinden (siehe Korean Ministry of Education Government Policies and Goals: „Innovating Higher Education and Breaking Barriers“).

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Forschungs- und Innovationspolitische Ziele und Programme

Südkorea gibt sich nicht mit einem der weltweit höchsten FuE-Intensitäten zufrieden (Anteil der gesamten Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoninlandsprodukt, 2022 bei 5,2 Prozent), sondern forciert seit einigen Jahren einen Politikwandel. Angestrebt wird, die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor zu intensivieren und die kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) zu stärken. Die Small and Medium Business Administration (SMBA), die 1996 gegründet worden war, wurde im Juli 2017 in ein Ministerium für kleine und mittlere Unternehmen und Startups (Ministry of SMEs and Startups, MSS) umgewandelt.  Die langfristige nicht bindende Future Vision of Science and Technology 2045 (2020) hebt ebenfalls die Lebensqualität, soziale Werte und die Bedeutung von Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMUs) hervor (siehe UNESCO Science Report 2021, S. 664).

Die strategischen Ziele der Regierung für den Zeitraum von 2023-27 gibt der Fünfte Basisplan /Masterplan für Wissenschaft und Technologie („5th Science and Technology Basic Plan/Master Plan“) vor. Dazu gehört die Schaffung eines missionsorientierten Forschungs- und Innovationssystems. Die vorhandenen FuE-Ressourcen sollen auf ausgesuchte Missionen konzentriert werden. Dabei versteht Südkorea Missionen aber auch als Technologieförderung: Als Beispiele für Missionen wird sowohl das Erreichen von Kohlenstoffneutralität bis zum Jahr 2050 als auch die Kultivierung kritischer und aufkommender Technologien benannt. Forschungsinstitute mit staatlichen Finanzierungen sollen Missionen für einzelne Technologien zugewiesen werden.

Damit vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in Südkorea weiterhin ausreichend Humankapital für Forschung und Innovation zur Verfügung steht, ist die Annahme eines langfristigen Unterstützungsprogramms für Forschende („long-term researcher support program, up to 10 year“) vorgesehen.

Für neue Industrien und Technologien sollen die Unternehmen auch ausländische Fachkräfte anwerben können. Die Förderung für Forschung und Innovation im Privatsektor wird mit Hilfe von neuen öffentlich-privat besetzten Ausschüssen noch stärker an die Bedürfnisse der Unternehmen angepasst. Ein Schwerpunkt liegt nach wie vor auf der Förderung von Start-Ups. Geplant ist dabei, die Kooperation zwischen dem Ressort für KMU und Start Ups sowie anderen Ressorts, beispielsweise dem Bildungsministerium und dem Ministerium für Wissenschaft und IKT zu verbessern. Ebenfalls geplant ist eine Regionalisierung von FuE: Angestrebt wird, in 17 Städten und Regionen Südkoreas neue regionale Institute für Wissenschaft und Technologie aufzubauen. Diese sollen vor Ort die Aufgabe von Wachstumsmotoren übernehmen.

Unter dem Fünften Wissenschafts- und Technologie Masterplan wurden 12 Technologiefelder ausgewählt, in denen bis 2027 klar definierte Fortschritte erzielt werden sollen (siehe unter Fachliche Stärken Übersicht).

Der koreanische Plan zur systematischen Stärkung der Forschungssicherheit („Security Measures for the National R&D Programs“) für den Aufbau eines vertrauenswürdigen Forschungsökosystems wurde im September 2023 veröffentlicht. Korea unterteilt nationale Förderprojekte in geheime, sensible und reguläre Forschungsprojekte. Vorher gab es nur reguläre und geheime Projekte, wobei geheime Projekte nur etwa 1 Prozent ausmachten. Forschende, die staatliche Projektmittel beantragen, müssen künftig Angaben zu ausländischen Finanzierungsquellen oder internationalen Partnern machen. Weitergehende Offenlegungspflichten bestehen für sensibel oder geheim eingestufte Projekte oder Forschungsinstitutionen in sicherheitsrelevanten Bereichen wie Weltraum oder Kernenergie. Es sollen Anreize geschaffen werden, um mehr Forschende für sensible und geheime Projekte zu gewinnen und das Bewusstsein für Forschungssicherheit zu stärken.

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Ergebnisse von Evaluierungen

Südkorea hatte auf eigene Initiative hin sein Forschungs- und Innovationssystem bereits 2009 und 2013 von der OECD begutachten lassen. Im Sommer 2023 legte die OECD auf Wunsch Südkoreas eine dritte umfassende Bestandsaufnahme des Forschungs- und Innovationssystems vor (OECD Review of Innovation Policy Korea 2023). Südkorea wird unter anderem empfohlen, eine begrenzte Anzahl hochrangiger nationaler Missionen zu beschließen, um gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Diese Missionen sollten eine breite Palette von Aktivitäten (Forschung, Infrastruktur, Qualifizierung Ausbildung usw.) für technologische und nichttechnologische Lösungen mit Hilfe eines Pakets politischer Maßnahmen (Subventionen, regulatorische Reformen, Beschaffungen usw.) umfassen.

Viele weitere OECD-Empfehlungen betreffen Erleichterungen für Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Start Ups, auch in Bezug auf Digitalisierung und Internationalisierung.

Die Empfehlungen der OECD im Hinblick auf internationale Kooperation (S. 21 ff.) werden im Abschnitt Internationale Kooperation: Ergebnisse von Evaluierungen dargestellt.

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