Überblick zur Kooperation mit Deutschland: Vietnam
Für Vietnam hat die Zusammenarbeit mit Deutschland in Bildung und Forschung einen hohen Stellenwert. Als Zielland für vietnamesische Studierende platziert sich Deutschland unter den Top 10, als Ko-Publikationsland für wissenschaftliche Veröffentlichungen auf Rang 12 (siehe vorheriger Abschnitt).
Das Abkommen zur wissenschaftlich-technologischen Zusammenarbeit (WTZ), das anlässlich des Staatsbesuchs des vietnamesischen Präsidenten Truong Tan Sang am 25. November 2015 in Berlin unterzeichnet wurde, bildet die Grundlage der bilateralen Kooperation zwischen Vietnam und Deutschland. Die Zusammenarbeit hat sich über die letzten 20 Jahre dynamisch entwickelt. Ein wesentlicher Motor der Beziehungen ist die große Zahl von etwa 7.000 in der ehemaligen DDR ausgebildeter Forschende, die heute häufig Führungspositionen in Wissenschaft und Politik einnehmen. Über die letzten beiden Jahrzehnte konnte durch zahlreiche gemeinsame Forschungsvorhaben und Bildungsprogramme die Partnerschaft ausgebaut und damit die Bindung der nächsten vietnamesischen Generation an Deutschland weiter gefestigt werden. Vietnam ist ein wichtiges Partnerland des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Südostasien (Überblick zu bilateralen und multilateralen Projekten mit einer Förderung des BMBF).
Das BMBF stellt über seine Internationale Abteilung Mittel für Forschungs- und Vernetzungsmaßnahmen einschließlich German Science Days und den Aufbau von Forschungspräsenzen bereit. Eine erste bilaterale Bekanntmachung zur strategischen Projektförderung wurde 2016 zu den Themen Gesundheitsforschung und nachhaltige Stadtentwicklung veröffentlicht. Eine weitere bilaterale Bekanntmachung im Themenbereich Risikomanagement bei Naturgefahren in Städten und urbanen Regionen ist für 2023 geplant. Öffentlichkeitswirksame Darstellungen der WTZ mit Vietnam und zur Erschließung neuer Netzwerke wurden 2015, 2017 und 2019 auf „German Science Days“ im Partnerland angeboten. Als Ausdruck einer stärker kooperativ orientierten Dialog- und Vernetzungsplattform ist der neue Titel dieser Veranstaltung „German Vietnamese Science Days (GVSD)“, der in 2023 in Vietnam stattfand. Ausgangspunkt der Zusammenarbeit mit Vietnam in den Fachabteilungen waren Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu Wasser- und Umwelttechnologien, im letzten Jahrzehnt kamen die Themen nachhaltige Stadtentwicklung und Landmanagement hinzu. In der aktuellen Förderbekanntmachung CLIENT II (Internationale Partnerschaften für Nachhaltige Innovationen) war Vietnam ein besonders nachgefragtes Partnerland in den Bereichen Rohstoffeffizienz und -technologien, Wasser- und Landmanagement, Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutz/Energieeffizienz. Das Kooperationsfeld Stadtentwicklung wird durch die Förderbekanntmachung „Nachhaltige Entwicklung urbaner Regionen“ vertieft. Vietnam ist eines der priorisierten Partnerländer in der BMBF-Bekanntmachung „Bioökonomie International“, die seit 2013 regelmäßig ausgeschrieben wird, dreimal davon bilateral. Eine vierte bilaterale Förderbekanntmachung ist für 2023 geplant.
Das BMBF fördert die EU-Drittstaatenkooperation mit Vietnam über das „Joint Funding Scheme“ durch welches gemeinsame Verbundforschungsvorhaben fördern soll. Aktuell werden dazu noch zwei Vorhaben vom BMBF in Kooperation mit Vietnam zum Thema Wassermanagement gefördert wird.
Der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) weist derzeit 188 offizielle Kooperationen zwischen Deutschland und Vietnam aus. 100 deutsche Hochschulen kooperieren mit 58 vietnamesischen Hochschulen und 3 sonstigen Einrichtungen (Stand: 08/2024).
Internationale Mobilität von und nach Vietnam wird durch DAAD, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie die Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) gefördert.
- 2023 (in Klammern die Zahlen für 2019 Pre-Covid) hat der DAAD unter eigenen Programmen Förderung für einen Aufenthalt in Vietnam an 140 (224) Studierende und Graduierte (inkl. Promovierende, Statusgruppen I-III) und 95 (80) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Hochschullehrkräfte (inkl. Post-Docs, Statusgruppe IV) aus Deutschland vergeben. In den gleichen Kategorien erhielten 459 (495) und 212 (226) Geförderte aus Vietnam eine Unterstützung des DAAD, um eine Aktivität im eigenen Land oder einen Auslandsaufenthalt, darunter auch Deutschlandaufenthalte, zu finanzieren.
- Die DFG hat die National Foundation for Science and Technology Development (NAFOSTED) als erste exzellenzorientrierte Förderorganisation in Vietnam bei ihrem Aufbau beraten. Ein Memorandum of Understanding aus dem Jahre 2010 ermöglicht seither die wissenschaftliche Zusammenarbeit der DFG mit NAFOSTED. Eine Forschergruppe und ein Sonderforschungsbereich mit Vietnam sind in den letzten Jahren erfolgreich abgeschlossen worden.
Die vier großen deutschen Forschungsorganisationen pflegen die Zusammenarbeit mit Vietnam in unterschiedlicher Intensität. 2023 beherbergte die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) 55 vietnamesische Nachwuchs- und Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler.
2023 verzeichnete die Leibniz-Gemeinschaft 22 vertragliche Kooperationen mit vietnamesischen Partnern, die sich über die Sektionen B (‚Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften‘), C (‚Lebenswissenschaften‘), D (‚Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften‘) und E (‚Umweltwissenschaften‘) erstrecken. Aktuelle Kooperationen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) mit vietnamesischen Partnern werden vor allem im Rahmen der BMBF-Bekanntmachungen „CLIENT I und II“ sowie „Bioökonomie International“ gefördert, Projektnehmer sind insbesondere das Helmholtz-Zentrum Dresden, das Forschungszentrum Jülich, das KIT Karlsruhe und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) kooperiert derzeit in den Bereichen Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik, solare Energiesysteme und Holzforschung mit vietnamesischen Partnern.
Seit 2010 berät das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) das vietnamesische Institut für Berufsbildung (National Institute for Vocational Training, NIVT). Das BIBB unterstützt das NIVT u.a. bei der Erarbeitung eines jährlichen Berufsbildungsberichts und dem Capacity Building in verschiedenen Schwerpunktthemen, beispielsweise beim Aufbau überbetrieblicher Bildungsstätten und der Indikatorenentwicklung.
Andere Ressorts und Bundesländer sind beziehungsweise waren ebenfalls aktiv. Vietnam ist ein Schwerpunktland des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Die Zusammenarbeit konzentriert sich auf die Bereiche Berufliche Bildung, Forstwirtschaft/Küstenschutz/Biodiversität und Erneuerbare Energien. Im Rahmen des „Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand“ (ZIM) veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Förderbekanntmachungen mit dem vietnamesischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MOST).
Vor Ort tragen und unterstützen folgende Einrichtungen die deutsch-vietnamesische Kooperation:
- Der DAAD unterhält in Hanoi eine Außenstelle und in Ho Chi Minh Stadt ein IC-Büro.
- Auf Initiative Hessens wurde 2008 die Vietnamesisch-Deutsche Universität (VDU, bekannt auch als Vietnamese German University, VGU) als forschungsbasierte Modellhochschule gegründet, an der mittlerweile 1.500 Studierende in 15 Studiengängen eingeschrieben sind (Zahlen für 2020). In dem Konsortialverein VGU e.V. sind neben dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK), der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und das BMBF Mitglieder. Eine Reihe deutscher Hochschulen sind Partner der VDU/VGU und haben gemeinsam Studienprogramme mit Doppelabschlüssen eingerichtet.
- 2015 wurde das Vietnamese-German Center for Medical Research (VG-CARE) für klinische Forschung zu Infektionskrankheiten am Tran Hung Dao Hospital (108 Military Central Hospital) Hanoi eingerichtet. Finanzielle Unterstützung von deutscher Seite her leisteten BMBF, DAAD sowie das Institut für Tropenmedizin an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.
- Der DAAD etabliert bis 2025 mit 28 Partnerinstitutionen aus 5 asiatischen, 4 europäischen und 11 afrikanischen Ländern die „PAN ASEAN Coalition for Epidemic and Outbreak Preparedness“ (PACE-UP, DAAD-Seite). Thema ist der Aufbau effektiver Kapazitäten und Systeme zur Reaktion auf Infektionskrankheiten mit epidemischem oder pandemischem Potenzial. PACE-UP ist damit eines von acht fächerübergreifenden „Globalen Zentren“ zur Bewältigung weltweiter Herausforderungen. Die Projektverantwortung liegt bei der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, der führende ausländische Partner ist das VG-CARE.