Im Jahr 2015 einigte sich die internationale Gemeinschaft in Paris darauf, die globale Erwärmung auf zwei Grad oder weniger zu begrenzen. Im Jahr 2018 veröffentlichte der Weltklimarat einen Sonderbericht, der deutliche Vorteile bei der Begrenzung der globalen Erwärmung auf nur 1,5 Grad aufzeigt: weniger Verlust an Biodiversität, weniger Wetterextreme, geringerer Meeresspiegelanstieg, um nur einige Beispiele zu nennen. Die verwendeten Modellrechnungen zeigen auch, dass dieses 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar ist. Fast alle Simulationen benötigen dafür aber negative Emissionen. „Das bedeutet, dass neben den dringend notwendigen Emissionsreduktionen auch Technologien und naturnahe Lösungen notwendig sind, die Kohlendioxid aktiv aus der Atmosphäre entfernen“, sagt Dr. David Keller, Klimaforscher am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Solche Technologien mit negativen Emissionen (NETs) werden bereits seit mehreren Jahren auf Potenziale, Risiken und Nebenwirkungen hin untersucht. Um die bestehenden Wissenslücken zu schließen, hat Dr. Keller zusammen mit Partnern aus Finnland, Norwegen, Spanien, dem Vereinigten Königreich und Australien erfolgreich Fördermittel für das Projekt OceanNETs bei der Europäischen Gemeinschaft eingeworben. Sie fördert es im Rahmen des Horizont2020-Programms in den nächsten vier Jahren mit insgesamt 7,2 Millionen Euro. Davon gehen allein 2,5 Millionen Euro ans GEOMAR für die Projektkoordination und mehrere Teilprojekte.
Insgesamt wird OceanNETs die Potenziale und Risiken der vorgeschlagenen ozeanbasierten NETs mit einem transdisziplinären Ansatz erforschen. Ziel des Projekts ist herauszufinden, ob ozeanbasierte NETs eine wesentliche und nachhaltige Rolle bei der Erreichung von Klimaneutralität im Sinne des Pariser Klimaabkommens spielen können. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht nur auf der naturwissenschaftlichen Bewertung dieser Technologien. Das Projekt wird auch untersuchen, welche Auswirkungen sie auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben können sowie der Frage nachgehen, wie diese Sektoren die Möglichkeiten zum Einsatz von NETs bestimmen.
GEOMAR ist innerhalb des Projekts für die Gesamtkoordination sowie für den Wissenstransfer an die verschiedenen Akteure verantwortlich. Dabei greift OceanNETs auf Erfahrungen und Methoden zurück, die bereits im DFG-Schwerpunktprogramm zur Bewertung von Climate Engineering erfolgreich in einem theoretischen und modellierenden Rahmen untersucht wurden.
Im Rahmen von OceanNETs sind nun auch Experimente in den GEOMAR-Laboratorien und mit den Kieler KOSMOS-Offshore-Mesokosmen vor Gran Canaria (Spanien) und Bergen (Norwegen) geplant, um die Wirkungen und Nebenwirkungen der sogenannten Ozean-Alkalinisierung zu testen. Mit Hilfe von numerischen Modellen werden die Untersuchungen der Ozean-Alkalinisierung und anderer NETs am GEOMAR auf ein globales Niveau gehoben und in die Zukunft erweitert. Das GEOMAR verwaltet außerdem die dabei generierten Daten.