Zirkuläre Migration – also Pendelwanderung zwischen Herkunfts- und Zielregion – ist fester Bestandteil westafrikanischer Lebenswirklichkeit. Sehr viele Menschen organisieren ihre Existenzsicherung in sozialen Netzwerkzusammenhängen, die sich über große Distanzen und oft über Landesgrenzen hinweg aufspannen. Diese translokalen Verflechtungen prägen das Leben auf dem Land und in den Städten ganz maßgeblich – mit tiefgreifenden sozialen, ökonomischen und ökologischen Wirkungen.
Prof. Dr. Malte Steinbrink, Inhaber des Lehrstuhls für Anthropogeographie an der Universität Passau erklärt:
„Planung und Politik tun sich derzeit allerdings noch etwas schwer, diesen translokalen Realitäten mit ihren Konzepten und Strategien gerecht zu werden, sie bleiben in ihrem Denken allzu oft in territorialen Denkmustern gefangen.“
Steinbrink und sein Team leiten den BMBF-Verbund „Migration und Translokalität in Westafrika (MiTra-Wa)“, der genau hier ansetzt: Die Forscherinnen und Forscher untersuchen Triebfedern, Strukturen und Prozesse translokaler Migration in Westafrika sowie deren Folgen. Zu dem interdisziplinären Konsortium gehören neben dem Passauer Team um Prof. Dr. Steinbrink und Dr. Christian Ungruhe auch Forschende aus den Bereichen Geographie, Raumplanung, Soziologie, Agrarökonomie, Ethnologie und Migrationsforschung an den Universitäten in Accra, Kumasi, Ouagadougou und Ibadan und Dortmund. Die Arbeit erfolgt unter dem Dach des West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Land Use (WASCAL) und zielt auf die Stärkung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit den Partneruniversitäten in Ghana, Nigeria und Burkina Faso ab.
Prof. Dr. Steinbrink sagt:
„Unser übergeordnetes Ziel ist es, Land-Stadt Wanderungen und internationale Migration, Urbanisierung und die Verknüpfungen dieser Phänomene mit den tiefgreifenden Umweltveränderungen in Westafrika besser zu verstehen – und dazu ist ein interdisziplinärer multiperspektivischer Zugang absolut unerlässlich.“
Das Team der Universität Passau ist neben der Koordination des MiTra-Gesamtverbunds verantwortlich für das zentrale Teilprojekt, in dessen Mittelpunkt empirische Translokalitätsanalysen stehen. Mit Hilfe von bi-lokalen Fallstudien untersuchen die Passauer Forscherinnen und Forscher die Systeme der translokalen Existenzsicherung mit Blick auf die Folgen in Stadt und Land sowie auf die Herausforderungen des Versuchs staatlicher Steuerung translokaler Mobilitäten.
Die Ergebnisse des Passauer Teilprojekts bilden dabei den Ausgang für die stärker anwendungsorientierten weiteren Teilprojekte des Forschungsverbunds. Aus den gewonnenen Erkenntnissen entwickelt das internationale Team Handlungs- und Politikempfehlungen im Sinne einer nachhaltigen, translokalen Entwicklung („Sustainable Translocal Development“).