Dürreperioden, gefolgt von Starkregen, die die ausgetrocknete Erde wegspülen – und das wenige, das doch noch auf den Feldern wächst, fressen riesige Heuschreckenschwärme in Sekundenschnelle auf: In Ostafrika trifft der Klimawandel die Menschen extrem hart. Um den Hunger in dieser Region dauerhaft bekämpfen zu können, muss die einheimische Bevölkerung in die Lage versetzt werden ihre Ernährung selbst sicherzustellen. Leistungsfähige Hochschulen und gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte sind der Schlüssel dazu. Ein Pionierprojekt auf diesem Gebiet ist das vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) geförderte deutsch-äthiopische Graduiertenkolleg „Climate Change Effects on Food Security (CLIFOOD)" der Universitäten Hohenheim in Stuttgart und Hawassa in Äthiopien. Sein Hauptanliegen ist die gezielte Ausbildung afrikanischer Doktoranden und Postdoktoranden, um den Bedrohungen des Klimawandels für die Ernährungssicherheit in der ostafrikanischen Region zu begegnen.
Da die Landwirtschaft das Rückgrat der äthiopischen Wirtschaft ist, können extreme klimabedingten Ereignisse die gesamte Volkswirtschaft in eine Krise stürzen. Der Klimawandel und die damit einhergehenden Wetter-Extreme werden vor diesem Hintergrund zu einer zentralen Herausforderung für das Land. Die wirtschaftliche Entwicklung und die politische Stabilität Äthiopiens hängen nach Einschätzung von Experten in Zukunft nicht zuletzt davon ab, ob es gelingt die richtigen Antworten auf diese Herausforderung zu finden.
CLIFOOD ist eins von sieben bilateralen SDG-Graduiertenkollegs, die seit 2016 vom DAAD unterstützt werden. Das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanzierte Förderprogramm des DAAD will Entwicklungs- und Schwellenländern dabei helfen, die Nachhaltigkeitsziele der UN zu verfolgen sowie leistungsfähige und weltoffene Hochschulen aufzubauen, die wichtige Impulsgeber für eine global und lokal nachhaltige Entwicklung sein können. Ein regionaler Schwerpunkt der Förderung liegt auf Afrika.
Dabei legt CLIFOOD Wert auf die Förderung von Partnerschaften auf Augenhöhe. Dieser Aspekt ist Dr. Nicole Schönleber vom Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre besonders wichtig. Sie sagt:
„Wissensaustausch ist keine Einbahnstraße. Auch unsere Forschenden können viel von unseren afrikanischen Partnern lernen und dies vielleicht auch für die Lösung unserer Probleme nutzen.“
Insgesamt wurden bisher 14 Langzeitstipendien im Rahmen von CLIFOOD vergeben. Je sechs Doktorandinnen und Doktoranden an den Universitäten Hohenheim und Hawassa sowie zwei Postdoktoranden forschten während der letzten vier Jahre zu Themen rund um die Klimamodellierung und genaueren saisonalen Wettervorhersagen, zu neuen, anpassungsfähigen Getreidesorten und Hackfrüchten sowie alternativen Anbauprodukten und Bewirtschaftungsstrategien für Landwirte. Auch in der jetzt gestarteten zweiten Phase des Projektes werden sich sechs Doktoranden in Hohenheim und sieben Doktoranden sowie zwei Postdoktoranden in Hawassa der interdisziplinären Forschung zu Anpassungsstrategien für die Landwirtschaft widmen.
Ein interdisziplinäres Qualifizierungsprogramm vermittelt außerdem Wissen und Methoden aus einer Vielzahl von Disziplinen wie Bodenkunde, Physik, Meteorologie, (Agrar-)Ökologie, Pflanzenwissenschaften, Tierwissenschaften, Agrarökonomie sowie Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften. Ergänzt werden diese Themen durch zusätzliche Weiterbildungen und Softskill-Seminare zu Themen wie Antragstellung, Projektmanagement, Academic Writing, Kommunikation, Kultur- und Führungskompetenz, welche die Nachwuchsforschende auf ihre weitere Karriere vorbereiten sollen.
Ein wichtiges Ziel des Projekts ist es, das Wissenschaftssystem in Äthiopien nachhaltig zu stärken. Neben der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern soll deshalb auch ein maßgeschneidertes eLearning-Konzept erarbeitet und in Hawassa etabliert werden. Profitieren sollen davon nicht nur die Stipendiaten selbst, sondern auch Verwaltungsangestellte und Forschende der Universität.
Geplant ist zudem die Einrichtung eines inter- und transdisziplinären Rechenzentrums in Hawassa, das sich mit der Verbesserung von landwirtschaftlichen Praktiken und der Nutzung von komplexen Satellitendaten für die Erstellung von Klimamodellen einschließlich Wettervorhersagen befassen soll.