Überblick zur Bildungs-, Forschungs- und Innovationslandschaft und -politik: USA
Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sind ein starker Forschungs- und Innovationsstandort. Im weltweiten Vergleich liegen sie mit Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) in Höhe von 923 Milliarden USD (kaufkraftbereinigt, inflations- und kaufkraftbereinigt: 761 Milliarden USD, Bezugsjahr 2022, siehe FuE-Indikatoren) nach wie vor auf Rang 1 vor China (kaufkraftbereinigt: 669 Milliarden; inflations- und kaufkraftbereinig: 620 Milliarden USD, Bezugsjahr 2021). Nach einer Neuberechnung der Grundlagen für die Kaufkraftbereinigung hatte die OECD 2018 die FuE-Ausgaben Chinas (auch für zurückliegende Jahre) deutlich nach unten korrigiert.
Die FuE-Intensität – das heißt der Anteil der FuE-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – liegt in den USA 2022 bei 3,6 Prozent und damit weiter deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Hinter Israel und Südkorea platzieren sich die USA damit welweit auf Rang 3. Insbesondere die Unternehmen erweisen sich mit ihren Investitionen als Zugpferde (siehe FuE-Indikatoren). Durch die massiven FuE-Investitionen asiatischer Länder haben die USA dennoch mittelfristig viel an Vorsprung eingebüßt. Zwischen 2000 und 2010 ist der Anteil der USA an den weltweiten FuE-Gesamtausgaben von 37 auf 29 Prozent geschrumpft. 2019 betrug der Anteil noch 27,3 Prozent (Quelle: National Science Board, National Science Foundation (NSB/NSF 2022): US and Global Research and Development. The State of U.S. Science and Engineering 2022).
In Bezug auf die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen wurde die USA 2019 unter Anwendung der Methode "Full Counting" erstmals von China überholt und nimmt seitdem Rang 2 ein. In Fachbereichen wie z.B. Ingenieurwissenschaften, Chemie, Mathematik und Energie lag China bereits seit Jahren auf Rang 1. Ein Vorsprung der USA besteht weiterhin in der Medizin sowie den Sozial- und Geisteswissenschaften (Quelle: SCImago. SJR — SCImago Journal & Country Rank. Retrieved April 26, 2024, from www.scimagojr.com).
Im Global Innovation Index (GII) 2024 in dem Innovationsleistungen der Länder weitgehend unabhängig von absoluten Größenordnungen bewertet werden, liegt die USA auf Rang 3 hinter der Schweiz und Schweden. China belegt hier Rang 11.
Die Zuständigkeiten für Forschung, Wissenschaft und Bildung sind zwischen bundesstaatlicher Regierung und den 50 Bundesstaaten aufgeteilt. Das gesamte Bildungswesen, einschließlich der Universitäten, unterliegt den Bundesstaaten. Viele Bundesstaaten, z.B. Kalifornien, haben auch ein Netz eigener Forschungsinstitute und eigene Forschungsprogramme etabliert. Der Bildungsbereich wird auf bundesstaatlicher Ebene vom 1980 gegründeten Bildungsministerium (U.S. Department of Education) vertreten, das aber nur einen sehr eingeschränkten Zuständigkeitsbereich hat.
Auf Bundesebene werden Wissenschaftspolitik und öffentliche Förderung von Forschung und Entwicklung von einem breiten Spektrum von Behörden, Fachministerien, Agenturen und Gremien getragen. Es gibt in den USA weder ein Wissenschafts- bzw. Forschungsministerium noch einen gemeinsamen Forschungsetat. Die vielfältigen Aktivitäten der verschiedenen Fachministerien und anderen staatlichen Einrichtungen werden formal im Weißen Haus durch das Office of Science and Technology Policy (OSTP), das Office of Management and Budget (OMB) und den National Science and Technology Council (NSTC) koordiniert.
Die nationalen Forschungs- und Technologiezentren („National Laboratories“) liegen im Verantwortungsbereich des Energieministeriums (U.S. Department of Energy, DoE). Im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsministeriums (U.S. Department of Health and Human Services, DHHS) werden die medizinischen Forschungsinstitute der Forschungs- und Förderorganisation National Institutes of Health (NIH) betrieben. Den höchsten Forschungsetat hatte im Fiskaljahr 2021 das Gesundheitsministerium (71,189 Milliarden USD), gefolgt von dem Verteidigungsministerium (U.S. Department of Defence, 69,45 Milliarden USD), dem Energieministerium (17,241 Milliarden USD), der National Aeronautics and Space Administration (NASA, 8,833 Milliarden USD) sowie der Förderorganisation National Science Foundation (NSF), 6,938 Milliarden USD (Quelle: NSB/NSF 2020: Science and Engineering Indicators 2020, Table RD-15).
Die Hochschullandschaft in den USA ist divers, es gibt öffentliche und private, religiös geprägte und säkulare, berufsorientierte und allgemeinbildende Hochschulen. Die Studiengebühren sind an privaten wie an öffentlichen Hochschulen hoch und insbesondere in Folge der Wirtschaftskrise 2007 noch gestiegen. Angesichts der damit verbundenen hohen Verschuldung der Studierenden wird ein Verzicht auf Studiengebühren diskutiert.
In der Association of American Colleges & Universities (AAC&U) haben sich fast 1400 Hochschulen und Colleges zusammengeschlossen. Die AAC&U legt ihren inhaltlichen Schwerpunkt auf ein breites Angebot in der tertiären Ausbildung. Die American Association of Community Colleges (AACC) vertritt bundesweit etwa 1.200 Colleges, die zweijährige Studienprogramme anbieten.
Im Forschungssektor spielen die Hochschulen eine wichtige Rolle. Die höheren Positionen der internationalen Hochschulrankings werden durchweg von Universitäten aus den USA dominiert. Die 62 führenden Forschungsuniversitäten, die sich für die Förderung der akademischen Forschung und Lehre in Nordamerika einsetzen, haben sich zur Association of American Universities (AAU) zusammengeschlossen. Derzeit sind 60 US-amerikanische und zwei kanadische Universitäten Mitglieder.
Von bundesstaatlicher Seite werden Transferzahlungen an die Hochschulen geleistet, z.B. durch spezielle strategische Forschungs- und Förderprogramme. Drittmittel für Forschungsprojekte können bei den nationalen Förderorganisationen National Science Foundation (NSF) und National Institutes of Health (NIH) beantragt werden. Des Weiteren spielen Stiftungen eine wichtige Rolle in der Forschungsförderung, insbesondere in der Gesundheitsforschung.
Regionale Schwerpunkte US-amerikanischer Forschung und Innovation liegen traditionell in Kalifornien und an der Ostküste. Das Portal Kooperation International bietet zu der Hightech-Region Silicon Valley ein Porträt an.
Die Bundesregierung wird in wissenschaftsrelevanten Themen von verschiedenen Wissenschaftsorganisationen beraten. Die National Academies setzen sich zusammen aus der 1863 gegründeten National Academy of Sciences (NAS), der National Academy of Engineering (NAE), der National Academy of Medicine (NAM, früher das Institute of Medicine IOM), sowie dem National Research Council (NRC). Ihr Auftrag ist die Beratung der Bundesregierung und des Kongresses zu wissenschaftlichen und technologischen Themen.
Die American Association for the Advancement of Science (AAAS) ist die weltweit größte Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft. Auch sie spielt eine wichtige Rolle bei der Politikberatung.
Für die Hochschulpolitik unter der zweiten Präsidentschaft Trumps (2025-2029) zeichnen sich zwei Schwerpunkte ab: Grundsätzlich strebt der Präsident eine Neuausrichtung von öffentlichen und privaten Einrichtungen nach dem Leistungsprinzip an. Strategien und Programme zur Förderung von „Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion“ („Diversity, Equity and Inclusion“, kurz DEI) werden soweit es gesetzliche Regelungen erlauben abgeschafft, da sie als diskriminierend eingestuft werden (Fact Sheet January 22, 2025: President Donald J. Trump Protects Civil Rights and Merit-Based Opportunity by Ending Illegal DEI). Ein wichtiger Anknüpfungspunkt für die Trump Administration ist dabei ein Urteil des Obersten Gerichtshofs von 2023 zur Zulassung von Studierenden an der Harvard University (Students for Fair Admissions v. Harvard). Ein zweiter Schwerpunkt der Trump Administration betrifft die rigorose Bekämpfung von Antisemitismus auf den Campussen US-amerikanischer Hochschulen (siehe Fact Sheet Januay 30, 2025: President Donald J. Trump Takes Forceful and Unprecedented Steps to Combat Anti-Semitism). Die Anzahl an Vorfällen war nach den Massakern vom 7. Oktober 2023 stark angestiegen.
Bei allen Maßnahmen der Hochschulpolitik ist allerdings zu beachten: Die US-amerikanische Regierung verfügt gegenüber den privaten Hochschulen grundsätzlich nur über eingeschränkte Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele. Der wichtigste Hebel ist zweifellos die Verteilung von Fördergeldern für Forschung und Innovation, falls beispielsweise Leitlinien der US-Bundesregierung zur Umsetzung des obengenannten Urteils zukünftig nicht beachtet werden.
Die Biden Administration (2020-24) hatte die US-amerikanische Forschungs- Technologie- und Innovationspolitik auf folgende übergreifende Ziele ausgerichtet: Erhalt der globalen Technologieführerschaft der USA, der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit des Landes und der damit verbundenen Kapazität, globale Herausforderungen wie den Klimawandel zu bewältigen. Zwei Gesetzespakete, die beide im August 2022 in Kraft traten, enthalten Weichenstellungen: der „Inflation Reduction Act“ und der „CHIPS and Science Act“. Zur Sicherung der globalen Technologieführerschaft wurden unter der Biden Administration Maßnahmen zur Verbesserung der Forschungssicherheit getroffen (siehe unter Überblick zur internationalen Kooperation). Forschung und Innovation sollen vor Wissensabflüssen geschützt werden, die die nationale und wirtschaftliche Sicherheit schädigen. Zur Förderung der globalen Technologieführerschaft der USA erhöhte die Regierung außerdem die FuE-Budgets der Bundesforschungseinrichtungen deutlich.
Für die Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik unter der zweiten Präsidentschaft Donald Trumps (2025-2029) zeichnen sich folgende Zielsetzungen ab: Es sollen weiterhin Maßnahmen getroffen werden, um die globale Technologieführerschaft der USA zu erhalten. Fachliche Prioritäten liegen bei den neuen und aufkommenden Technologien. Explizit benannt werden die Quantenforschung, Investitionen in weltweit führende Supercomputersysteme und die Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) (Fact Sheet January 23, 2025: President Donald J. Trump Launches PCAST to Restore American Leadership in Science and Technology).
Eine weitere Aufstockung der öffentlichen FuE-Budgets ist allerdings vor dem Hintergrund der US-Haushaltskrise fraglich. Stattdessen setzt die Trump Administration offenbar auf Initiativen aus der Privatwirtschaft wie beispielsweise „Stargate“: Drei Unternehmen haben sich dazu verpflichtet, in den kommenden vier Jahren milliardenschweren Investitionen in die Entwicklung und Optimierung Künstlicher Intelligenz zu tätigen. Im öffentlichen Sektor gilt hingegen verstärkt das Gebot der Kosteneinsparung und Effizienzsteigerung. Zur Durchsetzung dieser Ziele wurde eine neue Organisation gegründet, die U.S. Department of Government Efficiency (DOGE) Service Temporary Organization (inoffiziell und teilweise irreführend benannt als Department of Government Efficiency, die Organisation hat jedoch keinen Status als Ministerium mit Kabinettsrang („cabinet-level department“)). Die Organisation DOGE soll bis 2026 weitreichende Sparvorschläge vorlegen, um milliardenschwere Einsparungen zu ermöglichen und so den Haushalt zu entlasten. Bereits kurz nach der Amtsübernahme von Präsident Trump erfolgten Überprüfungen (Audits) von Regierungsbehörden und Streichungen von Programmen und Projekten, beispielsweise im Zusammenhang mit der Förderung von „Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion“ (DEI). Durch das Memorandum „Radical Transparency About Wasteful Spending" verpflichtet der Präsident Regierungsbehörden, soweit es gesetzlich zulässig ist, Details zu beendeten Programmen, gestrichenen Förderungen (grants) und gekündigten Verträgen zu veröffentlichen (Fact Sheet February 18, 2025: President Donald J. Trump Requires Transparency for the American People About Wasteful Spending). Durch die Veröffentlichung dieser Details könnte zukünftig auch deutlich werden, inwieweit Forschung und Innovation betroffen sind.
Ein thematischer Schwerpunkt der Biden Administration war die Bekämpfung des Klimawandels. Dazu stellen verschiedene Gesetzespakete umfangreiche Finanzmittel für FuE in Aussicht. Insgesamt stehen unter dem „Inflation Reduction Act“ (2022) über 370 Milliarden US-Dollar (USD) zur Umsetzung von Maßnahmen gegen die Erderwärmung bis 2032 bereit. Geschätzt sollten davon etwa 27 Milliarden USD in FuE-Vorhaben fließen. Hinzu kommen weitere Mittel für die direkte Förderung von Forschung an nationalen Laboratorien (National Laboratories).
In diesem Bereich führt die Trump Administration wie angekündigt eine komplette Kehrtwende durch. Die USA tritt erneut aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aus. Die Regierung verfolgt nicht länger das Ziel, die Emissionen von Treibhausgasen zu minimieren, sondern setzt stattdessen auf den vermehrten Einsatz fossiler Energieträger. Es bleibt abzuwarten, inwiefern der Präsident Investitionen in FuE reduzieren oder streichen kann, die im Rahmen von Gesetzen bereits zuvor beschlossen wurden.
Weitere Informationen
Links/Institutionen
- USA: ED - Bildungsministerium
- USA: OSTP - Office of Science and Technology Policy
- USA: NSTC - National Science and Technology Council
- USA: DoD - Verteidigungsministerium
- USA: DOE - Energieministerium
- USA: NASA - National Aeronautics and Space Administration
- USA: NIH - National Institutes of Health
- USA: NSF - National Science Foundation
- USA: AACC - American Association of Community Colleges
- USA: AAU - Forschungsuniversitäten der Association of American Universities
- USA: National Academies
- USA: AAAS - American Association for the Advancement of Science