Überblick zur internationalen Kooperation: Türkei
Für die internationale Bildungszusammenarbeit ist das Ministerium für Nationale Bildung zuständig. Der Anteil der türkischen Studierenden, die im Ausland einen Abschluss anstreben, liegt mit 1 Prozent unter dem OECD-Durchschnitt von 2 Prozent. In Bezug auf Studierende in der Türkei wird nicht das Land registriert, in dem der Bildungsabschluss erworben wurde (internationale Studierende), sondern die Staatsangehörigkeit (ausländische Studierende). Das Portal Study in Türkiye bewirbt das Studium in der Türkei. Die Anzahl der ausländischen Studierenden beträgt 185.000, auch wenn der Anteil bei lediglich 2 Prozent liegt (OECD-Durchschnitt von 6,6 Prozent; Deutschland: 11 Prozent, siehe Bildungsindikatoren). 2020 belegt das Nachbarland Syrien bedingt durch Fluchtbewegungen mit mehr als 37.000 Studierenden Rang 1 als Herkunftsland. Dahinter liegen Aserbaidschan und Turkmenistan, gefolgt von dem Iran und Iran. Deutschland liegt auf Rang 8 mit mehr als 4.600 Studierenden. Gleichzeitig ist Deutschland das beliebteste Zielland für türkische Studierende, gefolgt von den USA, Großbritannien, der Ukraine und Aserbaidschan (Quelle: UNESCO Global Flow of Tertiary-Level Students - berücksichtigt werden nur Studierende, die einen Abschluss anstreben; zu China als Zielland fehlen Daten). Einen wichtigen Beitrag zur Kurzzeitmobilität von türkischen Studierenden innerhalb der EU leistet das Programm ERASMUS Plus. Die Turkish Education Foundation (TEV) ermöglicht türkischen Studierenden ein Masterstudium im Ausland (TEV Internationale Programme).
TÜBİTAK unterstützt seit langem grenzüberschreitende Mobilität und Kooperation in Wissenschaft und Innovation. So bietet TÜBİTAK bereits seit 1978 für den wissenschaftlichen Nachwuchs aus der Türkei Förderung für Auslandsaufenthalte an. Auch die Anwerbung von Forschenden aus dem Ausland war bereits früh ein wichtiges Ziel, dazu administriert TÜBİTAK beispielsweise Programme für Gastforschende (TÜBİTAK 2221 - „Fellowships for Visiting Scientists and Scientists on Sabbatical Leave“, siehe STIP COMPASS). Ein 2010 aufgelegtes Exzellenzförderprogramm richtet sich sowohl an türkische Forschende als auch an exzellente ausländische Forschende („International Fellowship for Outstanding Researchers“, siehe STIP COMPASS). Unter der Nationalen Industrie- und Technologiestrategie 2023 sollen Programme mit diesen Zielsetzungen weitergeführt, ausgebaut und Aufenthaltsgenehmigungsverfahren für ausländische Forschende erleichtert werden (siehe Strategie, S. 72). TÜBİTAK unterstützt Forschende, die in der Türkei arbeiten möchten, über die Finanzierung hinaus durch eigene Servicezentren und das EURAXESS-Türkiye Portal.
Für den Abschluss von bilateralen Abkommen zur wissenschaftlich-technologischen Zusammenarbeit ist in der Regel das Ministerium für Industrie und Technologie zuständig. Insgesamt gibt es derzeit 58 Abkommen mit 46 Ländern im Bereich FuE und Innovation. TÜBİTAK pflegt eigene Abkommen mit 27 Organisationen aus 22 Ländern, unter denen gemeinsame Förderbekanntmachungen veröffentlicht werden (Überblick TÜBİTAK Kooperationsländer).
Der Anteil der internationalen Ko-Publikationen an der Gesamtzahl der wissenschaftlichen Publikationen lag in der Türkei zwischen 1996 und 2014 unter 20 Prozent und erreichte 2023 nach einem Anstieg 30,7 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland und in vielen anderen westlichen Industrieländern beträgt der Anteil inzwischen über 50 Prozent (Quelle: SCImago. SJR — SCImago Journal & Country Rank. Retrieved April 25, 2024, from www.scimagojr.com).
Die wichtigsten Ko-Publikationsländer der Türkei entsprechen teilweise den Top-Zielländern für türkische Studierende. Es sind die USA, gefolgt in weitem Abstand von Großbritannien, Italien, Deutschland und China. Es gibt eine wachsende Orientierung der Türkei hin zum asiatischen Raum: Unter den Top Ten weisen Indien auf Rang 7, Pakistan auf Rang 10 und der Iran auf Rang 6 die höchsten Zuwachsraten auf (Quelle: SciVal® database, Elsevier B.V., www.scival.com, 2019-22, downloaded on January 2, 2023).
Die Türkei ist Mitglied der G20, einem informellen Zusammenschluss der klassischen Industrieländer, die sich auch als G7 treffen, der BRICS-Länder sowie der Länder Argentinien, Australien und Saudi-Arabien. 2015 war die Türkei Gastgeber des G20-Gipfels in Antalya. Durch die Mitgliedschaft ist die Türkei an den jährlichen Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs beteiligt, die auch Bildung, Forschung und Innovation betreffen können. Dazu kommen Beschlüsse auf G20-Ministerialebene. Die Türkei gehörte außerdem 1961 zu den Gründungsmitgliedern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD); sie hat in den allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsgremien der OECD vollen Delegiertenstatus und beteiligt sich regelmäßig an den Kompetenztests für Schülerinnen und Schüler unter dem PISA-Programm.
Zusätzlich ist die Türkei Mitglied der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO). Zuständig für Wissenschafts- und Kulturfragen ist das in Venedig angesiedelte UNESCO Regional Bureau for Science and Culture in Europe. Im Rahmen des UNESCO-Projekts Synchrotron Light for Experimental Science and Applications in the Middle East (SESAME) wurde zwischen 2002 und 2017 an der Al Balqa Applied University in Allen/Jordanien die erste Synchrotron-Strahlungsquelle des Nahen Ostens aufgebaut. Herzstück des Vorhabens, an dem neben Jordanien und der Türkei auch Ägypten, Iran, Israel, Pakistan und die Palästinensischen Gebiete beteiligt sind, ist der aus Deutschland stammende Speicherring BESSY I. Die Anlage produziert hoch intensive Synchrotron-Strahlung vom Infrarot- bis zum Röntgen-Bereich und bietet Forschenden der gesamten Region modernste Arbeitsmöglichkeiten.
Weiterhin ist die Türkei bereits seit 1969 Mitglied der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (Organization of Islamic Cooperation, OIC). 2017 trat die Türkei außerdem der 1982 gegründeten Unterorganisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Islamic World Educational, Scientific and Cultural Organization, ICESCO) bei, deren Hauptsitz sich in Rabat in Marokko befindet.
Kooperation mit der Europäischen Union
Die Teilnahme der Türkei an Forschungsprogrammen der EU hat inzwischen eine fast 20-jährige Tradition (siehe Webseite der EU zur Kooperation mit der Türkei in Forschung und Innovation). Aktuell kann sich die Türkei als assoziiertes Land an dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont Europa (2021-27) voll beteiligen. Dasselbe galt für das Vorgängerprogramm Horizont 2020 (2014-20). TÜBİTAK fungiert als National Coordination Office. Bis zum Juni 2024 hat die Türkei unter Horizont Europa europäische Fördermittel in Höhe von 224 Mio. Euro eingeworben. Unter den 424 Projekten, an denen sich die Türkei beteiligte, verzeichneten mit 261 Projekten knapp zwei Drittel auch eine deutsche Teilnahme (Quelle: eCORDA-Datenbank).
Andere Varianten europäischer Kooperation setzen nicht auf einen gemeinsamen Fördertopf unter dem Rahmenprogramm der EU, sondern auf die Verbindung verschiedener nationaler und europäischer Fördertöpfe, um gemeinsame Projekte im Rahmen von Public Public Partnerships zu finanzieren. Die Türkei ist in insgesamt 67 dieser Netzwerke aktiv (Übersicht ERA-LEARN Plattform). Dazu gehören die ERA-NETS z.B. für Materialwissenschaften (M-ERA.NET), Quantentechnologien (QuantERA), Informations- und Kommunikationstechnologien (CHIST-ERA III), Geothermie (Geothermica), Solartechnologien (SOLAR-ERA.NET Cofund und Solar Cofund 2) sowie Meeresenergie (OCEANERA-NET COFUND). Auch im medizinischen Bereich sind verschiedene ERA-NETs aktiv, z.B. zu Krebserkrankungen (ERA-NET-TRANSCAN) und Erkrankungen im neurologischen Bereich (JPCOFUND2). Die zuständige Förderagentur in der Türkei ist in aller Regel TÜBİTAK und zu Biodiversität und Lebensmitteln (Netzwerke Food System and Climate, FOSC und SUSFOOD) auch das türkische Agrarministerium. Zusätzlich ist die Türkei Partner in der langfristig angelegten neuen Partnerschaft für Forschung und Innovation im Mittelmeerraum (Partnership for Research and Innovation in the Mediterranean Area (2018-28), PRIMA).
Die Türkei gehörte 1985 zu den Gründungsmitgliedern des Netzwerks für Unternehmens- und Innovationsförderung EUREKA. Das Land beteiligt sich auch an dem gemeinsamen Förderprogramm Eurostars und wird dabei durch TÜBİTAK vertreten (EUROSTARS-Webseite Türkei).