Im Haushaltsentwurf der Kommission für das Jahr 2017 findet sich erstmals ein Budget für ein Förderprogramm für Forschungsvorhaben mit militärischer Ausrichtung. Die „Vorbereitungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Verteidigungsforschung“ (Preparatory Action on Defence Research) sollen mit einem jährlichen Budget von 25 Millionen Euro ausgestattet sein und bis zum Jahr 2020 laufen. Geplant ist, das Förderprogramm bei der Europäischen Verteidigungsagentur EDA anzusiedeln. Laut dem Haushaltsentwurf der Kommission soll so ein Mechanismus zur Zusammenarbeit mit der EDA erprobt werden.
Eine von der EU eingesetzte Expertengruppe plant, die Pilotmaßnahme ab dem Jahr 2021 in ein eigenständiges, mit bis zu 3,5 Milliarden Euro ausgestattetes Forschungsprogramm auszubauen, das parallel zum derzeit in Planung befindlichen neunten europäischen Forschungsrahmenprogramm (FP9) die militärische Forschung in Europa finanziert.
Das europäische Parlament hat dem Entwurf der Kommission am 26. Oktober 2016 zugestimmt. Der Haushaltsentwurf bedarf noch der Zustimmung der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten. Damit würde die EU erstmalig Forschungsvorhaben mit militärischer Ausrichtung fördern. Im aktuellen Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020 sind solche Vorhaben explizit von der europäischen Forschungsförderung ausgeschlossen.
Der Entwurf wird äußerst kontrovers diskutiert. Bereits jetzt haben über 60.000 Menschen eine Petition gegen diese Maßnahme unterzeichnet. Das Europäische Netzwerk gegen Waffenhandel hat deutliche Kritik geäußert und spricht von einer Durchsetzung von industriellen Partikularinteressen: “This proposal is merely a military-industrial policy driven by economic interests of a few“, so Laëtitia Sédou, EU Programme Officer beim Europäischen Netzwerk gegen Waffenhandel.
Der in Großbritannien ansässige Verbund Scientists for Global Responsebility kritisiert das Vorhaben ebenfalls: “The EU is a civilian initiative and a holder of the Nobel Peace Prize. Do we really want to cross this line.” Der Verbund befürchtet unter anderem, dass europäische Waffenexporte an Länder mit fragwürdigen Menschenrechtsstandards zunehmen könnten.
Hintergrund
Bereits seit dem Jahr 2013 arbeitet die Europäische Verteidigungsagentur EDA gemeinsam mit der EU-Kommission an Vorbereitungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Verteidigungsforschung. Zu diesem Zweck wurde im Juni 2015 eine High-level group of personalities on defence research einberufen, zu der auch Vertreterinnen und Vertreter der europäischen Rüstungsindustrie gehören.
Die Pläne der Expertengruppe zur künftigen EU-finanzierten Verteidigungsforschung sind in dem Bericht "European Defence Research. The case for an EU-funded defence R&T Programme" dargelegt.
Zum Nachlesen
- Science|Business (2.11.2016): Science group hits out at EU military research plan
- Science|Business (27.10.2016): New defence fund approved by MEPs
- The Guardian (23.10.2106): EU member states may have to foot £3.5bn bill for military Research
- Positionspapier des Europäischen Netzwerks gegen Waffenhandel