Premierminister Edouard Philippe stellte am 30. Oktober 2017 ein umfassendes Maßnahmen-Paket vor, das in einem dreimonatigen Konsultationsprozess zusammen mit Hochschul- und Studierendenvertretern ausgearbeitet wurde („Plan étudiant“). Insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Abbrecherquoten in den grundständigen Universitätsstudiengängen von bis zu 60 Prozent und den nach wie vor steigenden Studierendenzahlen sollen die Rahmenbedingungen verbessert werden.
Für die Maßnahmen sollen im Laufe der fünfjährigen Amtszeit von Staatspräsident Emmanuel Macron insgesamt eine Milliarde Euro ausgegeben werden. 450 Millionen Euro sind hierbei für die Ausschreibung „Neue Studiengänge“ vorgesehen, mit der innovative Formate unterstützt werden, die das Studium flexibler gestalten. Weitere 500 Millionen Euro sollen für zusätzliche Studienplätze und Lehrpersonal in besonders gefragten Studiengängen ausgegeben werden.
Die wichtigsten Maßnahmen im Einzelnen:
- Studienplatzvergabe in den grundständigen Studiengängen: Wie die Ministerin für Hochschulwesen, Forschung und Innovation Frédérique Vidal bereits kurz nach ihrer Ernennung Mitte des Jahres bekannt gegeben hatte, sollen stark nachgefragte Studienplätze nicht mehr wie bisher üblich per Losverfahren vergeben werden. Doch auch in Zukunft soll es keinesfalls eine „Selektion“ geben und der gesetzlich verbürgte freie Universitätszugang für Abiturienten erhalten bleiben. Studierende sollen stattdessen noch besser bei ihrer Studienwahl begleitet werden (zwei statt einem Beratungslehrer sowie eine zweiwöchige Orientierungswoche vor dem Abitur) und die Universitäten fachliche Vorbedingungen stellen können. Wenn es jedoch dennoch zu wenig Plätze geben sollte, sollen die motiviertesten und für das Programm qualifiziertesten Bewerber den Platz bekommen. Diese schicken hierfür eine Bewerbung mit Motivationsschreiben und Empfehlung des Schulrats an die entsprechende Universität. Bereits selektiv organisierte Studiengänge wie die der Grandes Écoles sind von diesen Reformen nicht betroffen. Die Online-Plattform, auf der man sich um einen Studienplatz bewirbt, soll transparenter werden und die bis zu zehn Studienwünsche pro Studierendem nicht mehr nach Priorität geordnet werden. Vidal formuliert dies so: „Sobald es einen Platz gibt, wird niemand unter dem Vorwand abgelehnt werden können, Wissen oder Fähigkeiten reichten nicht aus.“ Jedoch könne sich „kein Studierender in einen Studiengang einschreiben, wenn er die angepassten pädagogischen Vorgaben nicht befolgt, die für seinen Erfolg als notwendig erachtet werden.“
- Krankenversicherung: Bisher unterliegen Studierende einem Sondertarif und zahlen 217 Euro im Jahr. Ab dem Wintersemester 2018/19 werden sie in die allgemeine Krankenversicherung überführt. Die Abgabe entfällt damit.
- Wohnheimplätze: 60.000 Wohnheimplätze sollen neu entstehen. Für berufliche Auszubildende sind 20.000 vorgesehen.
- Studienbeihilfe: Die Überweisung soll verbindlich immer zum 5. des Monats erfolgen und verschiedene Arten von Beihilfen perspektivisch gebündelt und damit den Studierenden weniger administrativen Aufwand verursachen.
Von einem Teil der Maßnahmen, insbesondere den eingesparten Krankenkassenbeiträgen, erhofft sich die Regierung eine stärkere Kaufkraft der Studierenden. Das Maßnahmenpaket soll zudem gesetzlich verankert werden. Ein entsprechender Entwurf wird dem Ministerrat Ende November 2017 vorgelegt. Die Universitäten stehen nun vor der Herausforderung, beispielsweise Anforderungsprofile für alle ihre Studiengänge zu erstellen oder ein Verfahren zu etablieren, wie die Bewerbungsunterlagen der Abiturienten gesichtet werden können. Das dafür vorgesehene zusätzliche Personal wird bis zum Auswahlverfahren für das Wintersemester 2018/19 voraussichtlich noch nicht eingestellt sein.
Zum Nachlesen (Französisch):
- Les Echos (30.10.2017): Universités : Edouard Philippe a dévoilé son «plan étudiants»
- L'Étudiant (30.10.2017): Les "attendus" vont guider l'entrée à l'université
- L'Étudiant (03.11.2017): Entrée à l'université : la réforme à l'heure de la faisabilité