StartseiteAktuellesNachrichtenDeutsche Forschungsgemeinschaft fördert internationales Graduiertenkolleg an Universität Erfurt weiter

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert internationales Graduiertenkolleg an Universität Erfurt weiter

Internationalisierung Deutschlands, Bi-/Multilaterales

Mit insgesamt rund 4,1 Millionen Euro unterstützen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der österreichische Förderfonds in einer zweiten Förderperiode das Internationale Graduiertenkolleg (International Graduate School, IGS) „Resonante Weltbeziehungen in sozio-religiösen Praktiken in Antike und Gegenwart“, das die Universität Erfurt in Kooperation mit der Karl-Franzens-Universität Graz seit 2017 betreibt.

Die IGS zielt auf die Zusammenarbeit von altertums- und bibelwissenschaftlicher mit soziologischer Forschung. Ihr Gegenstand sind Beziehungen der/des Einzelnen zur sozialen, materialen, aber auch transzendenten Welt, die in unterschiedlichen sozialen und vor allem religiösen Praktiken etabliert und reflektiert werden. Im Zentrum steht dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Folgen solche Selbst-Weltbeziehungen als resonant, d. h. als dialogisch-responsiv erfahren werden. Die spannungsreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit über zwei komplementäre Standorte hinweg erlaubt dabei ebenso den materialgesättigten Vergleich wie die Entwicklung neuer Methoden und damit eine qualitätsvolle Ausbildung von Doktorandinnen und Doktoranden.

Zum Hintergrund: Rituelle Praktiken waren schon immer ein entscheidendes Element der Kulturforschung, denn sie liefern den Schlüssel zum Verständnis der Unterschiede in kulturellen Glaubenssystemen. So wurden die Unterschiede und Veränderungen innerhalb der Antike als die Unterschiede zwischen polytheistischen und monotheistischen Ritualen und Überzeugungen rekonstruiert. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass viele zentrale Elemente dieser Praktiken – sowohl in der Antike als auch in der Moderne – nicht durch Bezugnahme auf Glaubenssysteme erklärt werden können. Fragen stellen sich, sobald wir feststellen, dass es in der heutigen Gesellschaft ebenso viele Praktiken gibt, die in offensichtlichem Widerspruch zu den Glaubenssystemen der Akteure stehen. Die zentrale Annahme des Programms der IGS ist, dass diese Rituale viel ernster zu nehmen sind und als sozio-religiöse Praktiken analysiert und verstanden werden müssen, da sie höchst bedeutsame und besondere Beziehungen zwischen dem Selbst und der Welt herstellen. Die Forschenden untersuchen, inwiefern in all diesen rituellen Praktiken bestimmte Personen, Objekte oder Orte mit einer Macht ausgestattet sind, die diese Beziehungen sakralisiert und sie in Resonanz treten lässt.

In der ersten Förderphase haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zunächst eine Inventarisierung und Typenbildung unterschiedlichster sozio-religiöser Praktiken und der damit verbundenen Weltbeziehungsmuster erarbeitet. In einem weiteren Schritt stand die Analyse der Wechselwirkungen von resonanten und nicht resonanten (‚stummen‘) Weltbeziehungen im Mittelpunkt. In der nun folgenden zweiten Förderphase wollen sich die Forscherinnen und Forscher auf vier Themen konzentrieren: Wiederholung, wobei die zeitliche Abfolge und Veränderung von Ritualen und die Folgen von Wiederholungen betrachtet werden; Resonanz zweiter Ordnung, die sich durch Verweise auf oder die persönliche oder kulturelle Erinnerung an solche Erfahrungen auszeichnet; Macht, Agency und Resonanz, wobei die Frage des Handelns und Erleidens im Mittelpunkt steht; und die Rolle von Objekten bei der Herstellung dauerhafter Beziehungen.

Prof. Dr. Jörg Rüpke, der Projektleiter auf deutscher Seite, erläutert:

„Unser Forschungsansatz soll dabei die Analyse von Weltbeziehungen jenseits der Ebene bloßer Weltbilder ermöglichen, um so die Körperlichkeit von Erfahrung und Objekten jenseits kognitiver Deutungen angemessen zu berücksichtigen. Unser komplexes Fragen ermöglicht eine gegenseitige Befruchtung, die auf dem Verständnis der Abhängigkeit von Kultur und Religion beruht, der Basis für Selbstverständnis und Toleranzfähigkeit heutiger und antiker Gesellschaften. Die Kombination von Mikrostudien und groß angelegten interkulturellen Vergleichen verspricht dabei neue Einsichten in historische und gegenwärtige Praktiken und kulturellen Wandel.“

Quelle: Universität Erfurt via IDW Nachrichten Redaktion: von Mirjam Buse, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: Österreich Themen: Ethik, Recht, Gesellschaft Geistes- und Sozialwiss.

Weitere Informationen

Projektträger