Meereswälder aus Makroalgen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen im Mittelmeer. Sie sind Heimat für Seeigel und eine Vielzahl an Speisefischen wie etwa die Meerbrasse. Menschliche Einflüsse und die Auswirkungen des Klimawandels haben diese produktiven Ökosysteme in einigen Mittelmeerregionen aus dem Gleichgewicht gebracht.
Ziel des Projektes ist es, gemeinsam mit der lokalen Fischerei sowie Verantwortlichen aus Tourismus und Politik, eine Management-Toolbox zum Erhalt der Biodiversität im Mittelmeerraum zu entwickeln und umzusetzen. Das transdisziplinäre Projekt wird im Rahmen der europäischen Biodiversa+ Partnerschaft vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für drei Jahre gefördert.
Unterwasserwälder im Mittelmeer vor kritischer Schwelle
Im Mittelmeer stellen sowohl Seeigel als auch Fische wichtige Zielarten für die handwerkliche Fischerei dar. Eine unkoordinierte Bewirtschaftung kann zur Überfischung und zur Überweidung von Makroalgen und damit zu dauerhaften Regimewechseln führen. Obwohl diese Situation in Küstensystemen häufig vorkommt, gibt es kaum Beispiele für ein wirksames koordiniertes Management von Fischerei und Lebensräumen. Diese Lücke will nun das Projekt MUrFor schließen. Während sich etwa im spanischen Katalonien Seeigel aufgrund von Überfischung unkontrolliert vermehren konnten, sodass die einst artenreichen Meereswälder verödeten, führte vor Sardinien das intensive Abfischen von Seeigeln zu einem Rückgang der Fischarten, zu deren Beute er gehört. Beide Entwicklungen haben enorme negative Folgen für die handwerkliche Fischerei, den Tourismus und besonders für die biologische Vielfalt in den einstigen Biodiversitäts-Hotspots.
Seeigel spielt Schlüsselrolle für das Ökosystem im Mittelmeer
Zunächst sollen die Schwellenwerte identifiziert werden, die zu irreversiblen Veränderungen in den untersuchten Regionen führen. Ziel ist es, die Prozesse besser zu verstehen, die vor Ort die ökologischen und sozioökonomischen Systeme regulieren. Dazu gehört auch der Seeigel Paracentrotus lividus, der eine Schlüsselrolle als einer der wichtigsten Pflanzenfresser im Mittelmeer einnimmt und vor allem von den kommerziellen Fischarten der Spariden, Meerbrassen, kontrolliert wird. Gleichzeitig hat er auch einen hohen Wert als weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte Delikatesse.
Das transdisziplinäre Projekt MUrFor vereint unterschiedliche Fachkenntnisse und basiert auf den Grundsätzen des partizipativen Managements zwischen Forschenden, der regionalen Fischerei- und Meeresschutzgebietsbeauftragen sowie Entscheiderinnen und Entscheider aus Politik und Tourismus. MUrFor ist eines von insgesamt 36 geförderten Projekten, die aus mehr als 200 Anträgen der europäischen Biodiversa+ Ausschreibung ausgewählt wurden.
Über die Europäische Biodiversitätspartnerschaft Biodiversa+
Die Europäische Biodiversitätspartnerschaft Biodiversa+, die gemeinsam mit der Generaldirektion Umwelt sowie der Generaldirektion Forschung und Innovation der Europäischen Kommission im Rahmen von Horizont Europa umgesetzt wird, ist ein paneuropäisches Netzwerk von Organisationen, das Forschung zu biologischer Vielfalt, Ökosystemleistungen und naturbasierten Lösungen plant und finanziert. Die Partnerschaft umfasst derzeit 74 Förderorganisationen aus 36 Ländern. Biodiversa+ koordiniert Forschungsprogramme zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und assoziierten Ländern und vernetzt Umwelt- und Forschungsministerien ebenso wie Förderorganisationen und Umweltschutzbehörden als Schlüsselpartner für die Umsetzung von Biodiversitätsforschung und -innovation. Von deutscher Seite beteiligen sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).